3 Monate bis Versoix
Nach dem Bundessieger Rennen in Gelsenkirchen ist es mir sehr schwer gefallen unserem Blog einen Bericht hinzuzufügen. Auf der einen Seite gab es einen weiteren Doppelerfolg meiner Buben zu feiern (Dobos wurde Bundessieger 2013), da es mit Phillus nur einen Mitstreiter gab, war es aber auch ein komisches Gefühl.
Schon bei dem Bundessiegerrennen im Juni waren die Jungs nicht mehr auf einem Leistungshöhepunkt und ich hatte geplant sie zum Internationalen Derby Mitte August in Hamburg wieder aufzubauen. Aber Planung und Umsetzung sind 2 Seiten. Kleinere Verletzungen, der Ausflug zur Jahresausstellung nach Hildesheim und direkt anschliessend 10 Tage ins sehr heisse Ungarn, direkt vor Hamburg, haben eine vernünftige Vorbereitung unterbunden. Trotzdem war ich etwas perplex wie dürftig die Vorstellung in Hamburg dann ausfiel. Ich habe dazu dummerweise noch beigetragen, indem ich am Renntag in der früh jedem ein halbes gekochtes Ei „gegönnt“ habe. Das lag dann anscheinend, trotz gut 4 Stunden bis zum Vorlauf, schwer im Magen. Dobos hat sich im Finale noch klar verbessert, aber die hohe 31er war mit Blick auf die 3 Wochen später anstehende EM in Versoix trotzdem ernüchternd. Erdész lag mit seiner Finalzeit von rund 32,3 sogar eine ganze Sekunde hinter seiner Siegerzeit vom Deutschen Derby im August 2012. Guter Rat war teuer …
Letzte Vorbereitungsbemühungen
Realistisch betrachtet gab es keine Chance die Jungs innerhalb von 3 Wochen wieder an ihr Leistungsniveau vom April heranzuführen. Es konnte nur das Ziel sein sie in Versoix frischer und motivierter aussehen zu lassen. Da wir lange nicht auf Gras gewesen waren, gab es am Wochenende nach Hamburg ein Training in Oberhausen, mit je 2 480m Läufen für beide und die Erkenntnis, dass Hamburg kein Ausrutscher gewesen war. Die längere Abwesenheit von der Grasbahn hatte sogar dazu geführt, dass sie sich erstmal wieder mit dem Kurvenlauf auf Gras anfreunden mussten. Dann fällte ich die Entscheidung in der Folgewoche am Donnerstag nochmal nach Oberhausen zu gehen und ein Sondertraining einzulegen. Ziel weiteres Gefühl für’s Kurvenlaufen auf Gras aufzubauen und mit kürzeren Läufen ein wenig an der Spritzigkeit zu arbeiten. Die Vereinskollegen, die an diesem Donnerstag auch auf dem Gelände des WRV in Oberhausen zugegen waren, haben etwas ungläubig gestaunt, dass wir nur 10 Tage vor dem Rennen in Versoix jeweils 3 kurze Läufe absolviert haben … aber zumindest Erdész liess erahnen, dass er mit diesen Läufen etwas von seinem Biss zurückgewann.
Es geht los
Für Versoix waren 8 Magyar Agár Rüden gemeldet. Darunter 3 ungarische Rüden, die allesamt hoch einzuschätzen waren. Es konnte also nur das Ziel sein, in Versoix eine vernünftige Figur zu machen und es ansonsten zu geniessen zum 3.n mal in Folge (zumindest für Erdész und mich) an einem solchen Grossereignis teilnehmen zu können. Für Dobos stand die Premiere bei einer EM/WM an. Ohne grosse Erwartungshaltung hielt sich die Anspannung in den Tagen vor Versoix dann auch in Grenzen, was erstmal kein Nachteil war 😉
Leider waren die Wetteraussichten für das Rennwochenende ernüchternd. Bis einschliesslich Freitag war es noch sehr warm am Genfer See, Freitags waren im gut belüfteten Wohnmobil durchgängig 34 Grad Celsius zu verzeichnen. Die Anmeldungsprozedur am Freitag Nachmittag, zwischen 13:00 und 18:00 Uhr für alle Rassen angesetzt, lief für uns mit weniger Wartezeit, als vermutet. Es hiess alle 370 Hunde sollen zu diesem Termin erscheinen und auf eine dementsprechende Schlange hatten wir uns eingestellt.
Am Freitag Abend zog dann die erste Gewitter- und Regenfront durch. Der Samstag war Wetter technisch noch optimal, weil die Bahn nicht zu weich geworden war, es tagsüber trocken blieb und die Temperaturen angenehm waren. Samstag Abend, gegen 21:00 Uhr, zog dann aber die 2. Front über uns weg und der Regen wurde in der Nacht zum Sonntag wesentlich intensiver. Der Rennsonntag bot dann auch immer wieder Regengüsse und die schöne Bahn in Versoix hatte zu leiden. Schade, schade, aber natürlich für alle gleich und nicht zu beeinflussen. Eher unschön, der Acker auf dem 2/3 der Teilnehmer mit ihren Wohnmobilen, Wohnwagen und Zelten stehen mussten. Dieser verwandelte sich mit dem Regen in eine Schlammwüste.
Das Rennen der Magyar Agár Rüden
Nachdem wir auf der Hinfahrt einen Anruf mit dem Hinweis bekommen hatten, dass Bohoc, der uns in Hamburg alt aussehen lassen hatte, nicht kommen würde, war die Frage, ob es überhaupt getrennte Läufe geben würde. Voraussetzung dafür war, dass die Smiling Rose Rüden, von denen 3 gemeldet waren, auch tatsächlich auftauchen würden. Samstag Abend gab es dann Klarheit, sie waren da, allerdings gingen nur 2 zur Anmeldung. So war für Sonntag ein 6er Rüden Feld komplett, was mich sehr gefreut hat, denn so hatten die Hündinnen die Chance einen EM Titel unter sich auszutragen.
Mit nur 6 Rüden am Start, gab es für sie dann natürlich auch nur einen Vorlauf und das Finale.
Der Vorlauf
Jetzt stieg dann doch die Spannung. Mit Lauf 40 und 41 waren die MA Rüden mit ihrem Vorlauf an der Reihe. Erdész durfte sich gleich mit Pötti (Dévaj 1976 Csongor, dem WM 2.n von Mont de Marsan) messen. Hinzu kam Smiling Rose E’Sioux, den wir bisher nur in einem Video hatten laufen sehen. Neu für mich, die Startboxen wurden durch ziehen von Würfeln, die die Startkastennummer tragen, aus einem Säckchen, ermittelt. Ich zog für Erdész gleich mal die 6 und damit den schlechtesten Startkasten 😦
Gut, dass Erdész wieder etwas besser startet und nicht sofort mit signifikantem Rückstand nach dem Startkasten unterwegs ist. Er hat in Versoix sowohl im Vorlauf, als auch im Finale sehr gute Starts hingelegt. Im Vorlauf lag er am Ende der Startgeraden auf gleicher Höhe mit Pötti, der aus der 2 gestartet war …

Erdész (rot) in seinem Vorlauf, neben Pötti (weiss) und vor E’Sioux (blau) (Foto: Thomas Fiedler)
Erdész ist ein klein wenig flotter unterwegs gewesen und hat versucht, vor Pötti nach innen zu ziehen. Dieser hat ihn aber durch die komplette Kurve davon abhalten können. So gab es ein ständiges ‚Ringen‘ mit Körperkontakt, Seite an Seite durch die komplette erste Kurve und auch weiterhin auf der Gegengeraden.

… weiter Seite an Seite in HK2 Erdész und Pötti (Foto Natalie M.)
Schön zu sehen, dass Erdész sich nicht davon abbringen liess weiter konsequent zu laufen. Auf der Gegengeraden hat der innen ungestört laufende E’Sioux die Chance genutzt, ganz nach vorn zu kommen. Im Schlussbogen fand Erdész dann noch den Weg innen durch und zog in Halbkurve 4 an Pötti und auch an E’Sioux vorbei und kam als Erster in’s Ziel, Pötti dahinter auf Platz 2.
Gut, dass wir in Versoix so tolle Hilfe hatten. Am Start hat uns die liebe Carmen geholfen und routiniert Dobos in den Kasten befördert, wie sie es auch schon sehr erfolgreich beim Bundessiegerrennen in Gelsenkirchen getan hatte. Im Ziel half Martina beim Einfangen. In der Pause zwischen den Läufen wurden Jungs durch meine Freundin betreut und sie hat dafür gesorgt, dass sie sich erholt und entspannt haben. Toll! Ein dickes Dankeschön an Euch und alle anderen Freunde, die uns in Versoix unterstützt haben.
Dobos startete in seinem Vorlauf gegen Panon Oriental Ábel (der bei der WM in Mont de Marsan noch nicht zu den Schnellsten gehörte) und den 2.n Smiling Rose Rüden, Elsu. Über seinen Start habe ich mir wenig Gedanken gemacht. Er hat in dieser, seiner ersten Rennsaison, immer wieder bewiesen, dass er schnell reagiert und eine tolle Early-Pace hat. So startete er auch hier sehr gut und lag am Ende der Startgeraden vorn, allerdings auch ganz aussen und in der Kurve wurde er dann von Elsu attackiert und noch weiter nach außen gedrängt. Elsu wurde für diese Attacke mit einem Disq. bestraft und durfte im Finale nicht wieder antreten. Dobos musste nicht nur einen grossen Umweg laufen, die Bahn in Versoix ist extrem breit, sondern er war auch kurz außer Tritt. Ábel nutze mit einem freien Lauf innen die Chance ganz nach vorn zu laufen und sich als Erster und insgesamt Zeitschnellster (31,5x sec) für die Rote Decke im Finale zu qualifizieren.
Fiiiinaaale
Nach dem guten Auftritt der Jungs in ihren Vorläufen war nun klar, dass es ein spannendes Finale geben würde. Pötti war nicht auf dem Leistungsstand, den wir erwartet hatten und Ábel, zwar deutlich verbessert gegenüber dem Vorjahr, nicht soweit voraus, dass hier nicht doch noch was für uns gehen könnte.
Nach langem Warten waren wir in Lauf 110 dann mit unserem Finallauf an der Reihe. Ábel unter rot wählte Kasten 1 (in der Schweiz darf im Finale vom Besitzer ausgesucht werden, aus welchem Kasten er seinen Hund starten will). Carmen wählte für Dobos (blau) den 2er und ich nach kurzem Überlegen für Erdész (weiss) bewusst nicht den 3er. Ich wollte nicht meine Jungs nebeneinander laufen haben. Mein Gedanke war, Pötti entweder zwischen beiden sitzen zu haben oder noch weiter aussen, weil er unter schwarz dann ja die nächste Wahl hatte. Pötti ging in die 3 und das war (für uns) gut so 😉
E’Sioux unter gelb blieb der Startkasten 5.

Der Start der MA Rüden im Finale (Foto: Thomas Fiedler)
Den besten Start erwischte Pötti, dicht gefolgt von E’Sioux, Dobos und Erdész. Ábel kam schlecht weg und fing sich direkt einen Rückstand ein.
Aber schon nach ein paar Metern waren meine beiden auf gleicher Höhe mit Pötti und auf der restlichen Startgerade konnten sie die Nase vorbeischieben. In die erste Kurve hinein waren die 2 dann in der Lage vor Pötti dicht zu machen und ihn hinter sich zu lassen.

In Halbkurve 2 Dobos (blau) und Erész (weiss) schon klar voraus (Foto: Thomas Fiedler)
So gingen sie dann mit einem Vorsprung von ca. 3 Längen auf die Gegengerade, Erdész voran. Diesen Abstand konnten sie auch auf der Gegengeraden halten. Ábel hat sich dort wieder etwas näher an Pötti herankämpfen können. Ich stand neben dem Startkasten und fieberte den letzten Metern entgegen. Würden die beiden ihren Speed halten und den Vorsprung ins Ziel bringen können?

Der Schlussbogen (Foto: Thomas Fiedler)
Am Ende des Zielbogens war es klar … sie würden es schaffen. Pötti und Ábel kamen noch etwas auf und Dobos 2. Platz war ein wenig in Gefahr, aber sie gingen an 1 und 2 durchs Ziel und bei mir brach die Freude über die phantastische Leistung meiner Renner durch. Beim lautstarken Jubel über meinen Europameister Erdész und den Vize Dobos habe ich mir dann ein wenig die Stimme ruiniert *lol* … aber sowas erlebt man ja nicht zu häufig 😉

Siegerehrung Magyar Agár Rüden (Quelle: FB Andrea Gomba)
Ein unbeschreibliches Gefühl! Ohne wirkliche Ambitionen nach Versoix gefahren und dort die ersten beiden Plätze abgeräumt. Jungs, ihr habt euch mal wieder exzellent präsentiert. Ich bin wahnsinnig stolz auf euch 🙂
Die Siegerehrung und den Ausmarsch, mit dem positiven Zuspruch und der Anerkennung von allen Seiten, haben wir dann sehr genossen.